Eine Hypothese für die Masterarbeit formulieren
Veröffentlicht am . Zuletzt geändert am .- Allgemeine Begriffsklärung
- Abgrenzung zur Forschungsfrage
- Vermeidbare Fehler in der Masterarbeit
- Checkliste für Hypothesen in der Masterarbeit
- Verifikation vs. Falsifikation
- Literatur
Endlich ist es geschafft: Das Thema für die Masterarbeit ist gefunden. Man befindet sich auf der Zielgeraden Richtung Studienabschluss und der Grundstein für ein erfolgreiches Beenden der Studienzeit ist gelegt. Was noch Kopfzerbrechen bereitet, ist das Formulieren einer passenden Forschungsfrage samt dazugehöriger Hypothese. Die Wahl und Eingrenzung des Themas ist einer der Kernpunkte einer jeden wissenschaftlichen Arbeit. Schließlich steht das Gewinnen neuer Erkenntnisse für das jeweilige Fachgebiet im Vordergrund.
Allgemeine Begriffsklärung
Der Begriff Hypothese stammt aus dem Griechischen hypothesis und meint wörtlich Unterstellung. Ganz allgemein gesagt ist sie nichts anderes ist als eine Vermutung über die Realität. Sie liefert eine potenzielle Antwort auf eine Frage. Diese potenzielle Antwort gibt sie sich nicht nur in Dissertationen, sie taucht auch in Masterarbeiten und in Bachelorarbeiten auf. Immer dort, wo Wissenschaftler weiterführende Studien betreiben, lassen sie sich aus der Forschungsfrage ableiten. Sie sind überall da von Bedeutung, wo geprüft werden soll, ob sich eine gewisse Erwartung, die man hat, faktisch erfüllt.
Sie liefern mögliche Erklärungen für Ereigniszusammenhänge und können sowohl richtig als auch falsch sein. Somit stellen sie (noch) nicht bewiesene Behauptungen dar, auf deren Grundlage Phänomene erklärt werden (Brunner/Knitel/Mader/Resinger 2015, 29).
Christin Müller bringt es wie folgt auf den Punkt: „Eine Hypothese ist die Vermutung über den Zusammenhang zwischen Sachverhalten. Sie muss widerlegbar sein und ist nicht verifizierbar – sie kann sich nur in der Konfrontation mit erfahrbarer Realität bewähren.“ (Müller 2008, 7, weitere Erläuterungen bieten die Hinweise der Universität Flensburg).
Trotz dieser Definitionen ergibt sich für Studierende in der Praxis nicht selten die Schwierigkeit, sie klar von der Forschungsfrage abzugrenzen.
Abgrenzung zur Fragestellung
Die Forschungsfrage wird tatsächlich als Frage formuliert, wohingegen die Hypothese ein Kerngedanke ist, der zunächst so lange als wahr gilt, bis er eine Entkräftung oder Bestätigung erfährt. Sie ist das, was man zur Beantwortung heranzieht. Es geht – ganz allgemein gesagt – um die Entwicklung einer Idee und ihre Überprüfung. Dabei sollte sich die Hypothese wie ein roter Faden durch die Masterarbeit ziehen. Eine solche Überlegung könnte lauten:
Wie gelingt es, die Krebsrate in der Bundesrepublik Deutschland zu senken?
Daraus lässt sich folgende Annahme ableiten:
Wenn die Menschen auf das Rauchen verzichten, erkranken sie weniger an Krebs.
Sie postuliert einen Zusammenhang zwischen mindestens zwei Variablen und erscheint häufig als Wenn-Dann-Aussage (Wenn jemand dreimal die Woche Sport treibt, senkt er sein Krebsrisiko). Es gibt sie zudem als Je-Desto-Aussage (je häufiger eine Person Sport treibt, desto fitter wird sie). Sie bildet die Vorstufe zur Theorie, die als ein System von Aussagen zu verstehen ist, das mehrere Vermutungen umfasst (Balzert/Schäfer/Schröder/Kern 2008, 345).
Hilfestellung zum Formulieren von Hypothesen geben die Tipps der Goethe-Universität Frankfurt und Berater für Empirische Abschlussarbeiten. Aber auch bei einem Lektorat der Masterarbeit erfährt man, ob man sich so ausgedrückt hat, dass alles verständlich ist.
Vermeidbare Fehler in der Masterarbeit
Korrekte und brauchbare Hypothesen zu erstellen ist somit von zentraler Bedeutung für das Schreiben der Arbeit. Geraten angehende Forscher bereits hier ins Schleudern und es passieren Fehler, ist bisweilen anschließend das ganze Forschungsprojekt zum Scheitern verurteilt.
Es ist ausschlaggebend, seine Annahme nicht zu allgemein zu formulieren. So wäre die Mutmaßung, dass alle Raucher im Laufe ihres Lebens einen Lungentumor entwickeln, für eine wissenschaftliche Arbeit denkbar ungeeignet. Denn in diesem Fall genügt bereits ein gefundener Raucher, um sie zu widerlegen.
Auch die folgende Überlegung ist wenig zielführend:
Die meisten Raucher sind krank.
Hier müsste der Studierende zunächst konkret definieren, was „krank“ denn meint.
Schlecht formuliert ist auch:
Rauchen und Krebs hängen zusammen.
Besser:
Rauchen geht mit einem erhöhten Krebsrisiko einher.
Noch besser:
Raucher haben gegenüber Nichtrauchern ein soundso viel prozentig höheres Risiko an einem Lungenkarzinom zu erkranken.
Schließlich geht es beim wissenschaftlichen Arbeiten darum, die gefundenen möglichen Antworten im weiteren Verlauf anhand gesammelter Daten zu bestätigen (verifizieren) beziehungsweise zu widerlegen (falsifizieren).
Checkliste für Hypothesen in der Masterarbeit
Neben dem Verweis auf zu vage Formulierungen, gilt es, weitere Punkte zu beachten. Hypothesen sollten
- interessant sein. Sind sie also noch nicht genügend erforscht oder widersprechen gar der gängigen Meinung?
- etwas ausschließen. Tun sie das nicht, manövriert man sich in eine Sackgasse. So lässt die Annahme, dass Raucher früher sterben als Nicht-Raucher (oder eben auch nicht), keinen Spielraum mehr für eine sinnhafte Untersuchung.
- keine Wertung beinhalten.
- sich nicht ganz oder teilweise ausschließen.
- bereits in der Einleitung der Masterthesis Erwähnung finden.
- keine Prognose über das Ergebnis in sich bergen.
- empirisch testbar sein. Die in ihr enthaltenen Begriffe sind daher hinreichend zu definieren. Will man beispielsweise Elternglück erfassen, gilt es, zuvor klar festzuhalten, was Glück in diesem Kontext überhaupt bedeutet, woran es festgemacht werden kann etc.
- die in ihr getroffenen Aussagen auf alle Objekte des Objektbereiches (Objektbereich hier: Raucher) übertragen (Skulschus, Marko, Markus Wiederstein S.74).
Verifikation vs. Falsifikation
Am Ende einer Masterarbeit steht im günstigen Fall somit eine allgemein gültige Aussage über das Forschungsobjekt. Die aufgestellte Behauptung sollte dann bestätigt oder widerlegt worden sein. Auch wenn es meist einfacher ist, eine Annahme zu verifizieren, ist es deshalb keineswegs tragisch, seine Vermutung zu falsifizieren. Es besteht für Studierende in einem solchen Fall dann auch kein Grund zur Verzweiflung. Die Sorge, die geleistete Arbeit sei nun weniger wertvoll, ist meist unbegründet. Gerade das Nicht-Bestätigen entpuppt sich allzu oft als Bereicherung in der Wissenschaft.
Karl Popper, einer der bedeutendsten Wissenschaftsphilosophen der Gegenwart, hat hierzu bereits festgestellt, dass die Falsifikation dazu führt, dass die Forschung neue Aspekte untersucht. Sofern diese nicht erneut zu einer Widerlegung führen, sind sie in der Lage, die aufgestellte Hypothese umso mehr zu stützen (Vgl. Keuth 2013, S.130). Auf keinen Fall sollte man sich also dazu verleiten lassen, Daten zu fälschen oder Plagiate, die bei einer Plagiatsprüfung ja doch auffliegen, zu produzieren!
Abschließend kann man festhalten, dass Studierende in ihrer Masterarbeit um die ausgiebige Beschäftigung mit ihrer Hypothese nicht herumkommen. Sie ist der Schlüssel jeder seriösen und zielgerichteten Forschung. Wer sich aber frühzeitig mit ihr auseinandersetzt und einige Tipps beherzigt, ebnet den Weg für einen erfolgreichen Hochschulabschluss und die anschließende Karriere.
Literatur
Balzert, Helmut/Schäfer, Christian/Schröder, Marion/Kern, Uwe (2010): Wissenschaftliches Arbeiten. Wissenschaft, Quellen, Artefakte, Organisation, Präsentation, Herdecke/Witten.
Brunner, Hans/Knitel Dietmar/Mader, Robert/Resinger, Paul Josef (2015): Leitfaden zur Bachelor- & Masterarbeit. Einführung in wissenschaftliches Arbeiten und berufsfeldbezogenes Forschen an Hochschulen und Universitäten, Marburg.
Keuth, Herbert (2011): Die Philosophie Karl Poppers, Tübingen.
Müller, Christin (2008): Die Fragebogenerhebung – Empirische Methode der Datenerhebung. Weiterbildung von Weiterbildungspersonal vor dem Hintergrund des lebenslangen Lernens, Norderstedt.
Skulschus, Marko/Wiederstein Markus (2008): Grundlagen Empirische Sozialforschung. Befragung und Fragebogen im Unternehmen, Essen.
- Tipps zur Typographie- und Gestaltung der Masterarbeit
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